Marienmünster (red). Einmalig schön und insgesamt ein großer Erfolg war das zweitägige Luther-Fest am 1. und 2. Juli in der Abtei Marienmünster unter dem Motto „Einfach.Frei.Nach Martin Luther“. Mit deutlich ökumenischem Akzent hatten sieben evangelische Kirchengemeinden im Kreis Höxter sowie Lügde im Kreis Lippe erstmals gemeinsam aus Anlass des 500. Reformationsgedenkens zu diesem Christus-Fest eingeladen. Über 1000 Menschen waren der Einladung gefolgt. Die großzügigen Gebäude auf dem Abteigelände boten bei Regen ausreichend Platz für die vielfältigen Aktionen wie Konfi-Vormittag und Jugendgottesdienst mit dem Referat für Jugendarbeit des Kirchenkreises sowie für das Familienfest mit Mittelaltermarkt am Samstag, für sehr gute Verpflegung (u. a. vom Steinheimer Tisch) und zwei grandiose und fast ausverkaufte Aufführungen des Poporatoriums „Luther“.

Ökumenischer Gottesdienst als Höhepunkt

Höhepunkt war der ökumenische Festgottesdienst mit über 400 Teilnehmern am Sonntagvormittag im ehemaligen Schafstall, der musikalisch durch einen Regional- und Bläserchor bereichert wurde. Nach der Begrüßung durch Pfarrer Ulrich Beimdiek (Steinheim) und Pfarrer Tim Wendorff (Marienmünster-Nieheim) las Pfarrer Ansgar Heckeroth (Leiter des Pastoralverbundes Steinheim) das Evangelium (Lukas 15, 11-32).

Dann hatten Luthers Eltern, Gretel (Presbyterin Helga Weber-Kruck, Steinheim) und Hans (Pfarrer Holger Nolte-Guenther, Lügde) ihren Auftritt: Besonders der Vater tut sich schwer damit, dass sein Sohn, statt Anwalt zu werden, als Mönch ins Augustinerkloster in Erfurt eintritt. „Wie wird das nun ausgehn?“, fragt sich sorgenvoll Luthers Mutter. Den Faden nimmt der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Paderborn, Volker Neuhoff, in seiner Predigt auf: „Schlecht sagen die einen, denn durch das Wirken dessen, der als Mönch (…) anfing und zum Reformator wurde, ist eine ganze Kirche ins Wanken geraten und in zwei Teile zerbrochen. Gut, sagen die anderen, denn durch das Wirken dieses Martin Luther ist eine Kirche entstanden, die sich dem Evangelium verpflichtet weiß, die das Protestieren nicht verlernt, wo es um die Freiheit des Menschen geht, und der die Erneuerung ins Stammbuch geschrieben ist.“ Die Sorge um die eigene Zukunft, die der Kinder, um den Ruf der Kirche und der globalen Gesellschaft hätten auch heute viele Menschen, so der Superintendent. Was ist zu tun?

„Die Erneuerung der Kirche ist das, worauf wir gemeinsam hinarbeiten“, zitierte Volker Neuhoff Prof. Dr. Wolfgang Thönissen, Leitender Direktor des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik in Paderborn. Einen naiven Umgang mit den Unterschieden zwischen den Konfessionen oder gar einen Einheitsbrei lehnte der Superintendent ab. Es gebe wertvolle Traditionen, „die wir miteinander schätzen sollten“. „Aber da ist auch eine Menge Staub, sind Verletzungen und Schulden, die wir loslassen sollten. Es hilft nicht, ständig zu betonen, was uns trennt. Das lähmt nur“, so Neuhoff. „Wir dürfen unser Christuszeugnis dieser Gesellschaft nicht schuldig bleiben. Das können wir am besten gemeinsam erreichen und nicht nebeneinander her oder gegeneinander“, lud der Superintendent dazu ein, gemeinsam den Weg der Barmherzigkeit zu gehen, statt „nur noch um uns selbst zu kreisen“, und die Kirche so zu erneuern, dass alle Menschen erreicht werden, nicht nur die „fünf Prozent Hochverbundenen“. Als Zeichen des Aufbruchs regte Neuhoff den anschließenden „Marienmünster Reformationssprung“ an, um „ansteckende Fröhlichkeit und Lebendigkeit“ mit einem Sprung in die Höhe auszudrücken. Die Stärkung für den „geschwisterlichen Weg in unserer Welt“ gab es zuvor für alle mit Brot und Trauben im Gottesdienst.

Poporatorium „Luther“ begeistert

Mit Ohrwürmern verließen die insgesamt über 600 Besucher des fast zweistündigen Poporatoriums „Luther“ unter der Gesamtleitung von Torsten Seidemann (Bad Driburg) die Acker- und Kulturscheune nach den Aufführungen am Samstag und Sonntag. „Mir gefällt es gut, sehr gut. Man begreift es auch“, so die Reaktion einer älteren Besucherin auf das modern inszenierte Musical von Michael Kunze und Dieter Falk über das Leben Martin Luthers von der Kindheit bis zu seiner Zuflucht auf der Wartburg, wo er die Bibel ins Deutsche übersetzte. Mit stimmigen und schwungvollen Choreographien sowie mitreißender Musik (u. a.: Solistenensemble Cordula Sodt; Gospelchor „Spirit Voices“ Bad Driburg mit Projektsängern; Luther-Projektband, Leitung Andreas Bürgel), wechselnden Bühnenbildern und gekonnter Lichttechnik sorgte das Musical für beste Unterhaltung. Aktuelle Bezüge wie die Auslösung einer internationalen Bankenkrise durch Luthers Kampf gegen den Ablasshandel fanden darin ihren Platz. Minutenlanger stehender Applaus sorgte am Sonntag für zahlreiche Zugaben und gab die Liedbotschaften so wiederholt mit auf den Weg: „Wir sind Gottes Kinder, wo auch immer. Keiner ist allein.“ „Lasst uns mutig und wahrhaftig sein - und frei!“

Grußworte und Ehrengäste

Über die Herausforderung, die Freiheit eines Christenmenschen mit Leben zu füllen und sich einzubringen, sprach MdB Christian Haase in seinem Grußwort nach dem Gottesdienst. Die Bedeutung des Wirkens von Katharina von Bora - nicht nur als Ehefrau an Luthers Seite - und ihre Vorbildfunktion bis heute stellte MdB Petra Rohde-Bosse in den Mittelpunkt. Für Offenheit, Freiheit und Ökumene stehe dieses Reformationsjubiläum mit weltweiter Dimension, freute sich MdL Matthias Goeken. „Dass es heute ein selbstverständliches Miteinander gibt“, begrüßte Pfarrer Ansgar Heckeroth, Leiter des Pastoralverbundes Steinheim, und wünschte, diesen Weg auch gut miteinander weiter gehen zu können. Pastor Dr. Hans-Bernd Krismanek nahm als Leiter des Pastoralen Raums/Pastoralverbund Corvey ebenfalls am Gottesdienst teil.

Der Diakon der koptischen Kirche, Gunter Schmidt-Riedig, erinnerte daran, dass das im Gottesdienst gesprochene Apostolische Glaubensbekenntnis koptischen Ursprungs ist. Er kam in Vertretung von Bischof Anba Damian (Höxter-Brenkhausen). Weitere Ehrengäste waren der Bürgermeister von Marienmünster, Robert Klocke, der Bürgermeister von Steinheim, Carsten Torke, die stellvertretende Bürgermeisterin von Brakel, Ursula Grewe, und der stellvertretende Bürgermeister von Nieheim, Dr. Ulrich Kros.

Fotos: Heide Welslau