Steinheim (liri). Am 03. April dieses Jahres wurde es beschlossen: Steinheim soll eine Fair-Trade-Stadt werden. Der Rat der Stadt möchte für mehr Gerechtigkeit auf der Welt sorgen und das Bewusstsein der Bürger für einen nachhaltigen Konsum stärken, um den Menschen in den Drittländern ein lebenswertes Leben in ihrer Heimat zu ermöglichen.

Denn heutzutage, in unserer beschleunigten Welt, stellen sich Verbraucher nicht mehr wichtige Fragen wie: „Wo kommt das Obst her, das ich kaufe? Muss es aus Spanien stammen oder kann ich meine Äpfel auch von einer Plantage aus der Region bekommen? Wurden die Kakao-Bohnen, die für meine Schokolade verwendet wurden durch Kinderhände geerntet?“ Die Liste der möglichen Fragen bleibt unendlich lang. Die Stadt Steinheim möchte dafür sorgen, dass die Bürger sich diese Fragen stellen und beim Einkauf auf ein Fair-Trade-Siegel achten, anstatt alles nur schnell in den Einkaufskorb zu werfen. „Es zählt wirklich jeder Einkauf eines fair gehandelten Produktes“, betont Bürgermeister Carsten Torke.

Um diese Ziele zu erreichen, nimmt die Stadt Steinheim an der Kampagne „Fair Trade Town“ teil, die der Stadt ein Zertifikat ausstellt, sobald alle Kriterien erfüllt sind. Dazu zählt der Ratsbeschluss, eine Steuerungsgruppe, Faire Produkte im Sortiment, Aktionen und Bildungsarbeit sowie Öffentlichkeitsarbeit. Bürgermeister Torke hofft auf die Unterstützung des heimischen Handels, aber auch auf die jedes einzelnen Verbrauchers. „Die Idee zu diesem Projekt kam letztendlich von der Bürgerschaft selbst, besonders die Mitglieder des Weltladens waren daran beteiligt“, berichtet Stefan Haufs, Klimaschutz- und Demografiebeauftragter der Stadt Steinheim. Bürgermeister Torke hatte diesem Projekt gerne zugestimmt: „Es war für mich als Bürgermeister selbstverständlich, die Ambitionen unseres Weltladen-Teams, das seit nunmehr 30 Jahren für mehr Gerechtigkeit in der Welt kämpft, zu unterstützen, das mit dem Projekt Fairtrade-Town an mich herangetreten ist.“

Die Liste der Beteiligten ist bereits lang: Stadtverwaltung, Stadtmarketing, die Steuerungsgruppe, die Werbegemeinschaft Schröder-Reinhard, der Weltladen, Schulen und die katholische sowie die evangelische Kirche und viele weitere unterstützen das Projekt. Bürgermeister Torke ist beeindruckt von dem Engagement der Bürger: „Wir haben ein starkes soziales Umfeld, das sich zeigt in einer Vielzahl an Vereinen, die alle ganz selbstverständlich soziale Verantwortung übernehmen – in der Ausbildung und Förderung junger Menschen, der Integration von Kindern mit Migrationshintergrund und auch zuletzt in ihrem großartigen Engagement in der Flüchtlingskrise 2015/16. Ein Engagement, dass über das normale Maß weit hinausging. In ihren Bemühungen, jeden einzelnen Menschen aufzufangen, ihnen Unterstützung und Halt zu geben in diesem für sie so fremden Land, einer fremden Kultur. Eine Willkommenskultur, die auch heute noch gelebt wird.“

Die Stadt Steinheim schätzt, dass die Kriterien für eine Fair-Trade-Stadt ein etwa einem bis anderthalb Jahren erfüllt sein werden. Stefan Haufs erklärt: „In Zukunft sind konkrete Aktionen mit viel Kreativität und Eigeninitiative geplant.“ Torke berichtet über ein solches Projekt: „Gezielte Projekte zur Stärkung des sozialen Bewusstseins wie auch zum Beispiel „GeiSt – Gemeinsam in Steinheim“. Ein Projekt zur Gestaltung einer aktiven und lebenswerten Gemeinschaft von Alt und Jung. Einem Vorzeigeprojekt, das seinesgleichen sucht.“

Das Gute ist also: Jeder kann und sollte mitwirken, denn Globalisierung geht uns alle an. Da gibt es ganz verschiedene Wege. Zunächst ist wichtig, dass jeder Einkauf aus fairem Handel zählt. Also beim nächsten Einkauf auf ein Fair-Trade-Siegel achten - das auf Produkten in sämtlichen Supermärkten wie zum Beispiel Aldi oder Lidl zu finden ist -, oder einfach zum Markt gehen, um heimische Produkte zu kaufen.

Wer es noch einfacher haben will, der geht zum Weltladen in Steinheim, der dieses Projekt ins Leben gerufen hat, denn dort gibt es nur Produkte zu kaufen, die aus fairem Handel stammen und biologisch angebaut wurden. Mit dem Motto „Global denken – lokal handeln“ bietet der Weltladen 70 verschiedene Produkte an, nur um einige zu nennen: Tee, Süßigkeiten, Wein, Nudeln und Gewürze. Das Hauptprodukt des Ladens ist jedoch der Kaffee, der in 10 verschiedenen Sorten angeboten wird, sodass für jeden etwas dabei ist. Besonders beliebt ist die „Steinheim-Schokolade“, die seit dem 30. Geburtstag des Weltladens angeboten wird. Aber nicht nur Lebensmittel sind in diesem einzigartigen Laden zu finden: Es gibt 100 verschiedene Kunsthandwerksartikel, die sicherlich in so manchen Steinheimer Wohnzimmern als Deko ihren Platz gefunden haben.

Der Weltladen hat donnerstags von 16 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 12 Uhr geöffnet und befindet sich im Jugendheim am Grandweg. Und wer nicht nur dort einkaufen, sondern auch aktiv mitmachen will, der kann immer montags um 20 Uhr vorbeischauen, denn dann treffen sich die 45 Mitglieder des Vereins „Treffpunkt Dritte Welt e.V.“, um weitere Ideen für die Unterstützung von Initiativen in Entwicklungsländern oder den Betrieb des Weltladens zu sammeln.

Eine weitere Möglichkeit an lokale Produkte zu kommen bietet die Obstbaumplantage in der Waldstraße in Steinheim. Hier besteht bereits seit 15 Jahren die Möglichkeit einen Obstbaum für 2,50 Euro zu erwerben oder zu ersteigern. Dann kann man sein Obst selbst pflücken und für den Eigenbedarf nutzen. „In den letzten Jahren kam das Projekt gut an“, berichtet Wiethaup. Rund 40 Leute haben dieses Angebot genutzt. Interessenten, die in diesem Jahr einen Obstbaum erwerben möchten können sich ab sofort bei Frau A. Wiethaup melden (Tel.: 05233 21-141, Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).

Darüber hinaus sind natürlich auch noch kreative Ideen der Steinheimer jeder Art gefragt, um die Konsumenten auf ihr Einkaufsverhalten hinzuweisen.

Auf die Frage, warum die soziale Verantwortung in Steinheim so stark ausgelebt wird antwortet Stefan Haufs: „Bei den vielen globalen Zusammenhängen muss man irgendwo ansetzen. Und wieso dann nicht hier vor Ort helfen? Steinheim ist eine weltoffene Stadt und die soziale Verantwortung wird hier einfach sehr geschätzt.“

Die Kampagne „Fair Trade Town“ hat bereits in anderen Städten gezeigt, wie klasse dieses Projekt funktioniert. Im Jahr 2009 wurde die Kampagne in Deutschland gestartet, nachdem sie bereits international großen Erfolg hatte. Rund 450 Städte in Deutschland haben den Titel „Fair Trade Town“ schon bekommen und so hat man zum Beispiel erreicht, dass 20.000 Gastronomien nur noch Kaffee und Kakao anbieten, der aus fairem Handel stammt. Denn besonders die Kakao-Bohnen sind zum ernsthaften Problem geworden: 40% der Bohnen werden in Afrika für die weltweite Schokoladenproduktion geerntet – und das von 10- bis 14-jährigen Kindersklaven, die unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen: Sie bekommen keinen Lohn, kaum etwas zu Essen und müssen rund um die Uhr und ohne Pausen arbeiten.

Es gibt also Gründe genug, warum Steinheim dieses Projekt ins Leben gerufen hat. Es gibt zu viel Ungerechtigkeit in der Welt. Irgendwo muss man anfangen. Und das hat sich die Stadt Steinheim zur Aufgabe gemacht. Nun liegt es nur noch an guter Zusammenarbeit: Dann kann das große Ziel erreicht werden, die Welt ein Stück besser zu machen.

Informationen zum Weltladen: http://www.weltladen-steinheim.de

Informationen zum Obstverkauf: https://www.steinheim.de/Quicknavigation/Start/Obstverkauf-in-Steinheim.php?object=tx,2207.1&ModID=7&FID=2207.1124.1&NavID=2207.7

Foto: FairTrade